Bei den Weltmeisterschaften in Doha sichert sich das DSV-Team weitere Quotenplätze für die Olympischen Spiele im Sommer.
Zahlen spielen beim Wasserspringen eine große Rolle. Man denke nur an die Zahl der Schrauben und Salti, an den Schwierigkeitsgrad, der sich daraus ergibt. Und an die Wertungen des Kampfgerichts, die dann damit multipliziert werden. Auch Bundestrainer Christoph Bohm bemühte nach Abschluss der Wettbewerbe bei den Weltmeisterschaften in Doha (QAT) eine Zahl, um zu verdeutlichen, wie gut die Wettkämpfe aus deutscher Sicht gelaufen waren. Man habe drei Viertel der möglichen Quotenplätze für die Olympischen Spiele in Paris (FRA) erreicht, so Bohm. „Damit sind wir zufrieden. Es war keine sehr gute Weltmeisterschaft, aber eine gute. Wir hatten ganz klar das Ziel Quotenplätze ausgegeben und haben jetzt am Ende neun von zwölf möglichen geholt. Im Vergleich zum Freiwasserschwimmen, was ja wirklich eine sehr erfolgreiche Sportart in Deutschland ist, haben wir damit prozentual genauso viel geholt, also 75 Prozent.“
Von den acht olympischen Disziplinen ging man lediglich im Turm-Synchronspringen der Frauen und beim 3m-Synchronspringen der Männer leer aus, dafür ist man in den vier Einzelwettbewerben außer beim Turmspringen der Männer sogar jeweils doppelt bei Olympia vertreten.
Nur zwei Synchronpaare kommen diesmal durch
Am spannendsten machten es die Turmspringer in ihrem Synchronwettbewerb, in dem Timo Barthel (SV Halle) und Jaden Eikermann (SV Neptun Aachen) als Siebte das erhoffte Olympiaticket für Deutschland sichern konnten. Die entscheidende Phase des Wettkampfs wurde zu einer Achterbahnfahrt der Gefühle. In der fünften und damit vorletzten Runde hatte es für die Deutschen beim 3,5-fachen Auerbachsalto einige Abzüge gegeben. Dennoch reichte es noch zum Happy End.
Denn mit einem tollen zweieinhalbfachen Salto samt eineinhalb Schrauben im sechsten und letzten Sprung zogen Barthel und Eikermann im entscheidenden Moment noch ganz knapp an Nordkorea vorbei, das im finalen Durchgang plötzlich das große Flattern bekam. „Das war verdammt knapp, meine Erleichterung ist auf jeden Fall groß“, sagte Eikermann. Auch beim Bundestrainer: „Ich habe ehrlich gesagt am Ende nicht mehr dran geglaubt, weil die Nordkoreaner einen relativ einfachen Sprung gemacht haben. Normalerweise ziehen die den weg. So ein Geschenk am Ende nehmen wir an. Wir sind einfach glücklich“, jubelte Bohm.
Zuvor hatten auch schon Lena Hentschel (Berliner TSC) und Jette Müller (WSC Rostock) als Sechste im 3m-Synchronspringen den Weg für Deutschland nach Paris bereitet. Dass es mit acht Punkten mehr sogar noch zu Bronze gereicht hätte, war am Ende nebensächlich. Glückstrunken fielen sich die beiden Wasserspringerinnen in die Arme. Hentschel hatte 2021 in Tokio (JPN) gemeinsam mit der inzwischen zurückgetretenen Tina Punzel bereits Olympiabronze in dieser Disziplin gewonnen, mit der zwei Jahre jüngeren Müller trainiert sie nun aber erst seit rund vier Monaten zusammen. Eine erstaunliche Harmonie auf verschiedenen Ebenen auch abseits der Körpergröße ermöglichte nun diesen schnellen Erfolg. Für die Zukunft trauen die Trainer beiden noch eine Menge mehr zu.
Jette Müller verpasst Medaille nur knapp
Aber auch im Einzel waren beide in Katar sehr erfolgreich. Müller wurde vom 1m-Brett Vierte und dort erst mit dem allerletzten Sprung von den Podiumsplätzen verdrängt. „Es hätte auch eine Medaille sein können, aber ich bin nicht unzufrieden“, sagte die Rostockerin, die nach WM-Platz sieben im Jahr 2022 und Platz zehn im Vorjahr nun für das beste deutsche Ergebnis in dieser Disziplin seit dem WM-Bronze von Heike Fischer im Jahr 2005 gesorgt hat.
Hentschel wiederum belegte vom 3m-Brett Rang sechs und wurde damit beste Europäerin. „Ich bin überglücklich. Ich hatte mir vorgenommen, beide Quotenplätze für Olympia zu holen, und habe es geschafft“, sagte sie. „Das ist mein bestes Einzelergebnis bislang. Und selbst da hatte ich noch ein bisschen Luft. Es gibt die einen oder anderen Schwerpunkte, die ich nicht umsetzen konnte aus dem Training, aber das wäre Meckern auf hohem Niveau. Ich glaube, ich kann hier wirklich total zufrieden aus Doha abfliegen.“
„Das ist mein bestes Einzelergebnis bislang.“
Vom 3m-Brett sieht es übrigens für den zweiten Olympiastartplatz gut aus: Mit Saskia Oettinghaus (Dresdner SC 1898) hatte auch die zweite Springerin des Deutschen Schwimm-Verbandes e.V. (DSV) das Halbfinale erreicht (Platz 15) und sich entsprechend weit vorne im Qualifikations-Ranking platziert, zumal in dieser Runde ansonsten größtenteils Aktive aus Ländern standen, die bereits zuvor Quotenplätze für Olympia gesichert hatten.
Konkurrenz für die Wassen-Schwestern
Wer die Startplätze bei den Sommerspielen besetzt, ergibt sich ohnehin erst bei den Deutschen Meisterschaften vom 15. – 19. Mai in Berlin, der Weltcup an gleicher Stelle vom 21. – 24. März könnte aber schon einmal erste Erkenntnisse bringen und ist ein wichtiger Fingerzeig für den weiteren Saisonverlauf. In einigen Disziplinen deutet sich schon jetzt ein spannender Kampf um die Plätze an, so etwa in den beiden Einzeln vom 3m-Brett oder beim Turmspringen der Frauen, wo neben den Schwestern Elena Wassen und Christina Wassen auch ihre Vereinskollegin Pauline Pfeif (Berliner TSC) Ambitionen hegt – die 21-Jährige schaffte in Doha als Zehnte ihr bislang bestes WM-Resultat.
WM in Doha 2024: Alle DSV-Ergebnisse im Wasserspringen
Wettkampf | Name | Platzierung | Punkte |
---|---|---|---|
1m-Brett (w) | Jette Müller | 4 | 253,70 |
1m-Brett (w) | Saskia Oettinghaus | 28 | 203,90 |
3m-Brett (w) | Lena Hentschel | 6 | 289,95 |
3m-Brett (w) | Saskia Oettinghaus | 15 | 241,35 |
Turm (w) | Pauline Pfeif | 10 | 277,60 |
Turm (w) | Christina Wassen | 14 | 266,40 |
3m-Synchron (w) | Jette Müller, Lena Hentschel | 6 | 273,93 |
Turm-Synchron (w) | Christina Wassen, Elena Wassen | 7 | 277,98 |
1m-Brett (m) | Lars Rüdiger | 13 | 328,55 |
3m-Brett (m) | Moritz Wesemann | 7 | 433,75 |
3m-Brett (m) | Alexander Lube | 18 | 335,45 |
Turm (m) | Jaden Eikermann | 24 | 351,60 |
Turm (m) | Luis Avila Sanchez | 38 | 272,20 |
3m-Synchron (m) | Moritz Wesemann, Alexander Lube | 16 | 328,62 |
Turm-Synchron (m) | Jaden Eikermann, Timo Barthel | 7 | 373,71 |
3m-Synchron (Mixed) | Alexander Lube, Jana Lisa Rother | 9 | 257,64 |
Turm-Synchron (Mixed) | Elena Wassen, Tom Waldsteiner | 5 | 291,42 |
Team Event | Moritz Wesemann, Elena Wassen, Lena Hentschel, Timo Barthel | 4 | 362,05 |
Weitere Top-acht-Ergebnisse gab es im Team-Event (Platz vier) sowie im Mixed-Turm-Synchronspringen mit Elena Wassen und WM-Debütant Tom Waldsteiner (Berliner TSC), die in ihrem allerersten gemeinsamen Wettkampf auf Anhieb auf Platz fünf landeten. Erst einmal, mit Platz vier vor zwei Jahren in Budapest (HUN), war in dieser Disziplin bislang ein besseres WM-Resultat herausgesprungen. Zusammen mit ihrer Schwester Christina wurde Elena außerdem im Turm-Synchronspringen Siebte, wobei sie sich darüber nicht wirklich freuen konnte – schließlich wurde der erhoffte Olympia-Quotenplatz damit um einen Rang verpasst.
Neun Paris-Tickets für Deutschlands Wasserspringer*innen, das gibt auch Sicherheit für Olympia
Positiver bewertete Europameister Moritz Wesemann (SV Halle) seinen ebenfalls siebten Platz im 3m-Einzelfinale, mit dem er sein Ergebnis der vergangenen Titelkämpfe in Fukuoka (JPN) bestätigte: „Ich bin tatsächlich sehr zufrieden. Insgesamt war das ein ganz schöner Wettkampf. Ich konnte meine Leistung zeigen, auch wenn ich mich körperlich nicht perfekt gefühlt habe. Und ich weiß, dass ich überall noch etwas habe, wo ich meine Leistungen verbessern kann.“ Mit diesem überzeugenden WM-Ergebnis sieht sich der 21-Jährige auf einem guten Weg Richtung Saisonhöhepunkt in Paris: „Es ist gerade mal Februar, letztes Jahr war die WM noch Mitte des Jahres, wo man normalerweise am Höhepunkt ist. Jetzt habe ich eigentlich die gleiche Leistung gezeigt, nur schon deutlich früher im Jahr. Ich sehe einen Fortschritt, ich verbessere mich, und das gibt mir einfach ganz viel Sicherheit für Olympia.“
„Mit dem Schwierigkeitsgrad sind wir in der Weltspitze dabei.
Die Zeit bis zum Sommer will man im Deutschen Schwimm-Verband e.V. (DSV) nun intensiv nutzen, um an der Ausführung der Sprünge noch etwas zu tüfteln. Hochwertige Wettkämpfe gegen die Besten der Welt wie beim Berliner Weltcup kommen dafür sehr gelegen, wie Bundestrainer Bohm betonte: „Wir müssen schauen, dass wir unsere Sprünge in der besten Qualität zeigen, mit dem Schwierigkeitsgrad sind wir in der Weltspitze dabei.“
Die Top-Stars springen in Berlin
Kurz vor Ostern lockt der World Aquatics Diving World Cup vom 21. – 24. März sämtliche Stars der Szene inklusive aller WM-Medaillengewinner*innen nach Berlin. Es ist das einzige Event in Europa im Rahmen der diesjährigen Weltcupserie. Für die weltbesten Wasserspringer*innen geht es dann um wertvolle Punkte zur Qualifikation für das Super Final in China. Lokalmatadorin Pauline Pfeif rät allen Fans, sich auf jeden Fall das Turmspringen der Frauen mit Chinas Topstars anzuschauen: „Das ist Wasserspringen in Perfektion, einfach schön anzusehen. Und für mich ist es auch immer toll, vor der Home Crowd springen zu dürfen.“ Auch bei 3m-Europameister Moritz Wesemann ist die Vorfreude groß: „Das sind super Wettkämpfe mit internationalen Feldern, die immer sehr viel Spaß machen.“
Der Zeitplan für den Weltcup in Berlin:
Donnerstag, 21. März: Vorkampf 3m Frauen
Vorkampf Turm Männer
Freitag, 22. März: Vorkampf 3m Männer
Vorkampf Turm Frauen
Finale Team-Event
Samstag, 23. März: Finale 3m-Synchron Männer
Finale Turm-Synchron Frauen
Finale 3m Frauen
Finale Turm Männer
Sonntag, 24. März: Finale 3m-Synchron Frauen
Finale Turm-Synchron Männer
Finale 3m Männer
Finale Turm Frauen