Leonie Beck: “Das Ziel bleibt das gleiche, es findet nur wann anders statt”

Raik Hannemann
Raik Hannemann
19:19

Der Olympia-Verschiebung sieht Freiwasserschwimmerin Leonie Beck gelassen entgegen: Ihr Ticket für Tokio hat die amtierende WM-Dritte bereits sicher. Die ungewisse Zeit bis zum nächsten Wettkampf will die 23-Jährige nun zum Sammeln weiterer Erfahrungen und für ihr Masterstudium der Medienkommunikation nutzen. Bei der Online-Wahl zum Sportstipendiat des Jahres steht sie als eine von fünf Top-Athlet*innen in der Endabstimmung. Der Sporthilfe als Wahlausrichter gab Leonie Beck folgendes Interview über ihren Plan B.

Leonie, als eine von wenigen deutschen Schwimmer*innen hast du dein Olympia-Ticket bereits in der Tasche – ein gutes Gefühl?

Leonie Beck: Die Verschiebung war anfangs auch für mich ein Schock. Umso wichtiger war dann die Info, dass die bereits Qualifizierten ihre Startberechtigung auch für 2021 beibehalten. Dadurch habe ich mehr Zeit und muss mich auf keinen Zwischenhöhepunkt vorbereiten. Die Qualifikation ist schon immer sehr nervenaufreibend. Umso cooler, dass wir uns als deutsches Freiwasserteam bei der WM 2019 alle vier möglichen Startplätze sichern konnten.

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Tokio wären deine zweiten Olympischen Spiele, in Rio 2016 warst du noch auf den kürzeren Strecken im Becken am Start. Wieso hast du dich für die langen Distanzen entschieden?

Leonie Beck: Bis 2016 war ich nur im Becken unterwegs und konnte mich auch immer für die Höhepunkte qualifizieren, aber dort dann nie meine besten Leistungen abrufen. Nach Rio, wo ich weit über meiner Bestzeit geblieben war, hatte ich überlegt, wie es weitergehen soll – und ob es überhaupt noch Sinn hat, weiter zu schwimmen. Weil ich eine gute Grundgeschwindigkeit habe und es in meinem Verein in Würzburg mit Präsident Thomas Lurz (Olympia-Zweiter und zwölffacher Weltmeister, Anm. d. Red.) sowie meinem Trainer Stefan Lurz eine große Freiwasser-Tradition gibt, haben wir es einfach einmal probiert. Trotz Anlaufschwierigkeiten habe ich nicht aufgegeben und wollte zeigen, dass ich es kann.

Sie hofft 2021 auf den besten Tag ihres Lebens

Und der Erfolg gibt dir Recht, du hattest 2019 einen tollen Lauf. Wie gehst du nun mit der neuen Situation durch die Corona-Pandemie um?

Leonie Beck: Das Ziel bleibt das gleiche, es findet nur wann anders statt – genauer gesagt 364 Tage später. Ich bin immer noch extrem motiviert und hoffe, dass ich beim Rennen den besten Tag meines Lebens erwischen werde. Die Erfahrung ist im Freiwasserschwimmen sehr wichtig, insofern kann ich der Verschiebung auch etwas Positives abgewinnen.

Auch die EM in Budapest wurde auf 2021 verschoben, ob es in diesem Jahr überhaupt noch einmal Wettkämpfe für euch geben wird, ist unklar. Wie hältst du die Spannung hoch?

Leonie Beck: Das ist in der Tat ein bisschen schwierig. Ich kann ja nicht auf den nächsten Wettkampf hin planen, wenn niemand weiß, ob und wann der stattfinden wird. Wir versuchen daher gerade die Form zu halten, motiviert zu bleiben und ganz normal zu trainieren. Allerdings bin ich auch dankbar, dass ich jetzt etwas mehr Zeit für das Studium habe.

Diese Freiwasserschwimmer sind bereits für Olympia 2021 qualifiziert

  1. Florian Wellbrock (Weltmeister 2019)
  2. Rob Muffels (WM-Dritter 2019)
  3. Finnia Wunram (WM-Achte 2019)
  4. Leonie Beck (WM-Neunte 2019)

Du studierst im Master Medienkommunikation in Würzburg. Führt der Studiengang dazu, dass du die Berichterstattung rund um Corona und die Olympia-Verschiebung mit einem besonderen, einem professionellen Fokus verfolgst?

Leonie Beck: Wenn man ein bisschen über die Hintergründe Bescheid weiß, wie Nachrichten – aber auch Fake News – entstehen und den Leuten nähergebracht werden, dann sieht man das schon mit etwas anderen Augen. Das Wissen aus dem Studium kann ich hier durchaus anwenden.

Schwimmern begegnet ja oft der Satz, sie würden im Training vor allem Kacheln im Becken zählen. Wie wichtig ist dir das Studium als Ausgleich zum Sport?

Leonie Beck: Mir war es sehr wichtig, dass ich neben dem Sport etwas mache und später nach meinem Karriereende nicht ohne Plan dastehe. Nach den Olympischen Spielen 2016 musste ich etwas aufholen, das hat gut geklappt. Nach dem Bachelor wollte ich dann keine Pause machen und bin angesichts der Olympia-Verschiebung auch sehr froh darüber. Mit meinem Studium kann ich später in vielen Bereichen arbeiten, das kann ich mir schon gut vorstellen.

Für Studentenleben oder Nebenjob fehlt die Zeit

Bei deinem Pensum bleibt keine Zeit für einen typischen Studenten-Job. Wie wichtig ist für dich die Unterstützung durch die Sporthilfe und das Deutsche Bank Sport-Stipendium?

Leonie Beck: Für ein „normales“ Studentenleben habe ich tatsächlich überhaupt keine Zeit – und erst recht nicht für einen Nebenjob. Leistungssport und Studium unter einen Hut zu bekommen, das wäre ohne die Unterstützung von Sporthilfe und durch das Deutsche Bank Sport-Stipendium sehr, sehr schwierig. Insofern bin ich dafür wirklich sehr dankbar.

Du hast WM- und EM-Medaillen gewonnen, dich zum zweiten Mal für Olympia qualifiziert. Wie würdest du die Auszeichnung als Sport-Stipendiat des Jahres einordnen?

Leonie Beck: Es wäre eine riesige Ehre und Bestätigung für die Entscheidung, neben dem Sport die Zeit und Kraft für ein Studium aufzubringen. Der Schwimmsport ist sehr zeitaufwändig. Für mich persönlich wäre es daher vor allem eine sehr schöne Anerkennung meiner Dualen Karriere.

Deine Stimme kann Leonie Beck helfen

Ab sofort kann unter www.sportstipendiat.de der Sport-Stipendiat des Jahres 2020 gewählt werden. Mit der Auszeichnung ehren Deutsche Sporthilfe und Deutsche Bank bereits zum achten Mal einen Athleten, dem die Kombination aus Spitzensport und Studium in besonderer Art und Weise gelingt.

Fünf Top-Sportlerinnen und -Sportler stehen bis zum 2. August 2020 zur Wahl:
– Leonie Beck, WM-Dritte 2019 im Freiwasserschwimmen
– Annabel Breuer, EM-Dritte 2019 im Rollstuhlbasketball
– Cécile Pieper, EM-Zweite 2019 im Hockey
– Jonathan Rommelmann, Europameister sowie WM-Dritter 2019 im Rudern
– Julius Thole, WM-Zweiter 2019 im Beachvolleyball

Abgestimmt werden kann online unter sportstipendiat.de. Unter allen Teilnehmern, die dort ihre Stimme für einen der Kandidaten abgeben, wird ein iPad verlost. Als Stimme zählen zusätzlich alle Social-Media-Posts mit dem Hashtag #Sportstipendiat2020Leonie.