Festspiele in der Schwimmoper

Raik Hannemann
Raik Hannemann
18:27

Die Deutschen Kurzbahnmeisterschaften in Wuppertal bieten vier Weltjahresbestleistungen und zahlreiche Jahrgangsrekorde. Chad le Clos gewinnt sieben Titel, Angelina Köhler holt viermal Gold

Die Deutschen Kurzbahnmeisterschaften (DKM) in der Schwimmoper waren auch in diesem Jahr wieder schwimmerische Festspiele. Die Sportler*innen sind immer gerne in Wuppertal zu Gast, wo das Organisationsteam um Simone Osygus mit viel Leidenschaft bei der Sache ist, was die Aktiven mit zahlreichen Top-Leistungen zurückzahlten. Vier Weltjahresbestleistungen zauberten die Stars des Deutschen Schwimm-Verbandes e.V. (DSV) ins Becken, und die einheimischen Talente steuerten dazu gleich zehn neue Jahrgangsrekorde bei (und stellten einen weiteren ein). „Wuppertal war wieder eine Reise wert. Die Location dort ist immer gut, es herrscht ein tolles Ambiente, und gerade wenn die Staffeln schwimmen, ist es richtig laut in der Halle. Die über 600 Teilnehmer*innen zeigen, dass die Vereine die Kurzbahnsaison ernst nehmen“, sagte DSV-Leistungssportdirektor Christian Hansmann. „Und es ist sehr erfreulich, dass aus dem Nachwuchs einiges nachrückt, die Zeiten zeigen, dass das Training bislang sehr gut läuft. Jetzt gilt es, diese Leistungen auch auf die Langbahn zu übertragen.“

Isabel Gose in Top-Form

Die sportlich wertvollste Leistung ging auf das Konto von Isabel Gose. Über 1500m Freistil schwamm die Magdeburgerin ein einsames Rennen, schon nach 500 Metern hatte die WM-Sechste des Sommers fast eine Bahn Vorsprung auf den Rest des Feldes. Auch in der Folge lieferte sie gleichmäßige Zwischenzeiten ab; als sie nach 15:25,50 Minuten als Erste anschlug, mehr als 45 Sekunden vor Julia Ackermann (SC Chemnitz 1892/16:11,94), huschte ein Lächeln über ihr Gesicht. Aus deutscher Sicht war nur Sarah Wellbrock mit ihren 15:18,01 im Jahr 2019 – die damals Kurzbahn-Weltrekord bedeuteten – jemals schneller. Ihre persönliche Bestleistung steigerte die 21-Jährige um satte 24 Sekunden.

Einen Tag später siegte Gose auch über 400m Freistil. Die WM-Finalistin auf dieser Strecke auf der Langbahn schlug nach 3:59,72 erneut mit deutlichem Abstand als Erste an und blieb damit als erste Schwimmerin der Welt in diesem Jahr auf der 25m-Bahn unter der Vier-Minuten-Marke. Zu ihrem eigenen deutschen Rekord fehlten ihr nur rund acht Zehntel. Silber ging an Maya Werner (SV Nikar Heidelberg/4:03,78), die Bronzemedaillengewinnerin der EM der Junior*innen in diesem Jahr, die sich mit dieser Leistung ihr Ticket für die Kurzbahn-Europameisterschaften im Dezember in Otopeni (ROM) sicherte; Bronze schnappte sich Leonie Kullmann (SG Neukölln Berlin/4:04,91).

Isabel Gose lächelt in die Kamera© Jo Kleindl

Nach zwei Weltjahresbestleistungen hatte Isabel Gose allen Grund zum Strahlen

Das männliche Pendant zu Isabel Gose war diesmal Sven Schwarz (Waspo 98 Hannover). Bereits beim Weltcup in Berlin Anfang Oktober hatte er bewiesen, dass er keine Angst vor großen Namen hat. Dieses Selbstvertrauen demonstrierte der U23-Europameister in Wuppertal erneut und siegte sowohl über 800m Freistil in Weltjahresbestzeit von 7:34,05 Minuten als auch einen Tag später über die halb so lange Distanz in 3:42,90. Da konnte selbst Olympiasieger Florian Wellbrock (SC Magdeburg) bei seinem Saisoneinstieg (noch) nicht mithalten, der bei der DKM erstmals seit den Weltmeisterschaften in Fukuoka (JPN) wieder ins Becken stieg.

Festspiele in der Schwimmoper: Neukölln und Frankfurt gewinnen das meiste Gold

Erfolgreichster Teilnehmer der Meisterschaften wurde in diesem Jahr der für die SG Frankfurt startende Südafrikaner Chad le Clos. Der Olympiasieger von 2012 und vielfache Weltmeister gewann insgesamt sieben Titel, und es hätte sogar noch ein Gold mehr sein können, wäre er nicht in der 4x50m-Freistil-Mixedstaffel als zweiter Schwimmer nach dem Start mehr als 15 Meter getaucht und das Quartett der SG Frankfurt deswegen disqualifiziert worden.

Chad le Clos schwimmt Schmetterling© Jo Kleindl

Der für die SG Frankfurt schwimmende Südafrikaner Chad le Clos war auf den kurzen Schmetterlings- und Freistilstrecken nicht zu schlagen

Aus deutscher Sicht war Angelina Köhler (SG Neukölln Berlin) mit viermal Gold die fleißigste Titelsammlerin. Die Berlinerin gewann alle drei Schmetterlingsstrecken, die 200m sogar in Weltjahresbestzeit von 2:06,47 Minuten, und holte außerdem noch Gold über 50m Freistil (24,05 Sekunden). Auch dank ihrer starken Auftritte avancierte die SG Neukölln mit insgesamt zehn Titeln gemeinsam mit der SG Frankfurt zum stärksten Verein der Wettbewerbe, auf den weiteren Plätzen der Klubwertung folgten der SC Aqua Köln (fünfmal Gold), die SG Essen (vier) und der SC Magdeburg (drei).

Zum Berliner Ergebnis trugen neben Köhler auch Nele Schulze als Gewinnerin über 200m Freistil sowie mit gleich drei Erfolgen Ramon Klenz (100m und 200m Lagen, 200m Schmetterling) und mit zwei Siegen Kiley Wilhelm (100m Rücken mit Jahrgangsrekord und 200m Rücken) bei. Die 18-Jährige hatte bislang in den USA gelebt, hat aber deutsche Wurzeln und sich kürzlich der Berliner Trainingsgruppe von Lasse Frank angeschlossen. In Wuppertal feierte sie nun ihre Titelpremiere bei Deutschen Meisterschaften.

Angelina Köhler lächelt in die Kamera© Jo Kleindl

Angelina Köhler präsentierte sich wie schon beim Weltcup erneut in starker Form und war mit vier Goldmedaillen die fleißigste Titelsammlerin

Starke Leistungen vom Nachwuchs

Bei den 800m Freistil freute sich auch die im Nachwuchsbereich schon so erfolgreiche Julia Ackermann (SC Chemnitz 1892) über ihren ersten Titel in der offenen Klasse. Die 16-Jährige, Bronzemedaillengewinnerin der diesjährigen EM bei den Juniorinnen auf dieser Strecke, feierte in 8:24,12 Minuten einen Start-Ziel-Sieg. Überhaupt präsentierte sich der Nachwuchs vielversprechend und lieferte zahlreiche Jahrgangsrekorde ab. Stellvertretend seien an dieser Stelle die erst 14 Jahre alte Alina Baievych (TB 1888 Erlangen) als Zweite über 200m Schmetterling in 2:07,39 Minuten, Sprinterin Nina Sandrine Jazy (SG Essen) als Drittplatzierte über 50m Freistil in 24,38 Sekunden sowie Emilian Hollank (TSV Riedlingen/17) genannt. Letzterer schlug über 100m Brust auf Platz fünf nach 59,83 Sekunden an und konnte so als erster Deutscher in diesem Alter schon die magische Marke von einer Minuten unterbieten.

Aber auch die Routiniers Marco Koch (SG Frankfurt) und Christian Diener (Potsdamer SV) wollten es noch einmal wissen. Während Koch mit seinen bekannt starken Gleitphasen die 200m Brust in 2:05,65 Minuten für sich entschied und damit seinen Titel aus dem Vorjahr verteidigte, triumphierte Diener gleich doppelt über 100m und 200m Rücken. Nach Abschluss seiner Ausbildung zum Feuerwehrmann peilt der 30-Jährige im kommenden Jahr nun die Olympischen Spiele in Paris (FRA) an. Und nach den Eindrücken aus Wuppertal ist ihm dieses Ziel durchaus zuzutrauen.

Verabschiedung ehemaliger DSV-Stars

Neben den sportlichen Leistungen wurden auch die ehemaligen Mitglieder der Nationalmannschaft noch einmal bejubelt und mit viel Applaus bedacht. In der Schwimmoper wurden diesmal Dorothea BrandtAliena SchmidtkeAlexandra WenkRobin Backhaus und Philip Heintz von DSV-Vizepräsident Kai Morgenroth und Tjark Schroeder, Leiter der Abteilung Wettkampfsport Schwimmen, feierlich aus dem Leistungssport verabschiedet.

Alle Deutschen Kurzbahn-Meister*innen 2023:

StreckeNameVereinZeit
Frauen
50m FreistilAngelina KöhlerSG Neukölln Berlin24,05
100m FreistilNina Sandrine JazySG Essen53,55
200m FreistilNele SchulzeSG Neukölln Berlin1:55,52
400m FreistilIsabel GoseSC Magdeburg3:59,72
800m FreistilJulia AckermannSC Chemnitz 18928:24,12
1500m FreistilIsabel GoseSC Magdeburg15:25,50
50m SchmetterlingAngelina KöhlerSG Neukölln Berlin25,70
100m SchmetterlingAngelina KöhlerSG Neukölln Berlin57,22
200m SchmetterlingAngelina KöhlerSG Neukölln Berlin2:06,47
50m RückenKim Kristin KrügerSG Essen27,41
100m RückenKiley WilhelmSG Neukölln Berlin58,41
200m RückenKiley WilhelmSG Neukölln Berlin2:06,78
50m BrustIda HulkkoSC Aqua Köln30,37
100m BrustIda HulkkoSC Aqua Köln1:06,02
200m BrustBente FischerSport-Union Neckarsulm2:24,09
100m LagenJulia TitzeSG Stadtwerke München1:00,31
200m LagenJulia TitzeSG Stadtwerke München2:09,94
400m LagenKathrin DemlerSG Essen4:39,90
4x50m FreistilNina Sandrine Jazy, Karla Heßmann, Zara Selimovic, Julianna Dora BocskaSG Essen1:41,03
4x50m LagenEileen Nuyen, Ida Hulkko, Jessica Felsner, Kateryna PokrassSC Aqua Köln1:52,47
Männer
50m FreistilChad le ClosSG Frankfurt21,53
100m FreistilChad le ClosSG Frankfurt47,29
200m FreistilChad le ClosSG Frankfurt1:44,36
400m FreistilSven SchwarzWaspo 98 Hannover3:42,90
800m FreistilSven SchwarzWaspo 98 Hannover7:34,05
1500m FreistilHenning MühlleitnerSport-Union Neckarsulm14:54,30
50m SchmetterlingChad le ClosSG Frankfurt22,48
100m SchmetterlingChad le ClosSG Frankfurt50,18
200m SchmetterlingRamon KlenzSG Neukölln Berlin1:53,37
50m RückenMarek UlrichSSG Leipzig23,76
100m RückenChristian DienerPotsdamer SV51,44
200m RückenChristian DienerPotsdamer SV1:51,41
50m BrustLucas MatzerathSG Frankfurt26,73
100m BrustLucas MatzerathSG Frankfurt58,61
200m BrustMarco KochSG Frankfurt2:05,65
100m LagenRamon KlenzSG Neukölln Berlin53,47
200m LagenRamon KlenzSG Neukölln Berlin1:55,84
400m LagenMarius ZobelSC Magdeburg4:09,36
4x50m FreistilSebastian Pierre-Louis, Chad le Clos, Marco Koch, Fritz DietzSG Frankfurt1:29,68
4x50m LagenFritz Dietz, Lucas Matzerath, Chad le Clos, Sebastian Pierre-LouisSG Frankfurt1:36,21
Mixed
4x50m FreistilPhilip Heintz, Christoph Fildebrandt, Ida Hulkko, Jessica FelsnerSC Aqua Köln1:33,93
4x50m LagenMetin Aydin, Ida Hulkko, Philip Heintz, Jessica FelsnerSC Aqua Köln1:42,29