Die beste EM aller Zeiten für Deutschland

Philip Häfner
Philip Häfner
09:26

Das erste EM-Gold in 50 Jahren und zweimal Silber für Klara Bleyer: Deutschlands Synchronschwimmer*innen überzeugen bei den Europameisterschaften und erleben echte Krönungstage in Belgrad.

Die Europameister*innen im Synchronschwimmen beim Gruppenfoto mit der Goldmedaille© European Aquatics

Die Europameister*innen im Synchronschwimmen beim Gruppenfoto mit der Goldmedaille

Das Wetter am Tag des Finals in der Acrobatic Routine passte gut zum Thema „Monsterparty“, mit dem das deutsche Team diesen Wettbewerb bei den Europameisterschaften in Belgrad (SRB) anging. Ein Gewitter zog über die serbische Hauptstadt hinweg und sorgte für eine etwa halbstündige Verzögerung des Wettkampfs. Das junge deutsche Team – Amélie Blumenthal Haz als Küken sowie Daria Tonn (beide SB Bayern 07) sind beide erst 16 Jahre alt, Daria Martens (SSC Schwenningen) ebenfalls erst 17 – ließ sich davon überhaupt nicht beirren und legte, als es dann endlich losgehen konnte, einen starken, einen historischen Auftritt hin. Es wurde die beste EM aller Zeiten für Deutschland!

Das Team mit Klara BleyerSusana Rovner (beide Freie Schwimmer Bochum), Solène GuisardMaria Denisov (beide SG Stadtwerke München), Blumenthal Haz, Tonn, Martens und Frithjof Seidel (SC Wedding 1929) schwamm sensationell zur Goldmedaille – der ersten für den Deutschen Schwimm-Verband e.V. (DSV) in der 50-jährigen EM-Geschichte dieser Sportart. Mit 192,7166 Punkten lagen sie am Ende knapp vor Griechenland (191,8100) und den eigentlich favorisierten Italiener*innen (159,2966), die in Belgrad zwar die schwierigste Kür präsentierten, aber gleich drei Base Marks und damit entsprechend hohe Abzüge kassierten.

Gewitter sorgt für Verzögerung und schwierige Bedingungen

„Wir wussten, dass Italien einen wirklich hohen Schwierigkeitsgrad hatte, und wir haben ihre Akrobatik beim Training gesehen, sie haben eine unglaubliche Fliegerin. Aber natürlich haben wir auch zwei unglaubliche Fliegerinnen. Ich bin wirklich stolz auf uns. Ich glaube, ich brauche noch ein paar Tage, um all diese Emotionen zu verarbeiten“, sagte Frithjof Seidel, der wieder einmal als einziger Mann in diesem Wettbewerb vertreten war. „Die Bedingungen waren nicht einfach. Gewitter, Wind, die Verzögerung, sie mussten sich wieder aufwärmen und noch mal neu fokussieren, aber sie haben das grandios hinbekommen. Das war eine sehr starke Leistung, und die Goldmedaille ist die Krönung“, jubelte Bundeshonorartrainerin Stephanie Marx.

Auch Solène Guisard kämpfte nach diesem Triumph mit ihren Emotionen: „Ich kann es nicht glauben, das ist ein unglaublicher Moment. Wir haben wirklich hart trainiert, und es ist unglaublich, das mit einem Team zu erreichen. Diese ganze Erfahrung, also nicht nur der Europameistertitel, sondern das ganze Schwimmen, war wirklich schön. Es ist die Belohnung für unser Schwimmen und all die harte Arbeit.“

“Im Team hat sich gezeigt, dass wir auf unsere Stärken bauen und auch etablierte Teams schlagen können“

Insgesamt kam der DSV im Synchronschwimmen sogar auf drei Medaillen, denn neben dem Titel fürs Team in der Acrobatic Routine gab es auch noch zweimal Silber im Solo durch Klara Bleyer. Drei deutsche Podiumsplatzierungen bei einer EM gab es in dieser Sportart zuvor nur 1974 und 1983, damals allerdings jeweils ohne Gold. Es war also wirklich die beste EM aller Zeiten für Deutschland. „Es hätte besser nicht laufen können. Ich freue mich sehr, dass die harte und intensive Arbeit von Klara Bleyer mit ihrer Trainerin Stella Mukhamedova zu dem gewünschten Erfolg geführt hat – zwei Silbermedaillen im Einzel sind großartig. Im Team hat sich gezeigt, dass wir auf unsere Stärken bauen und auch etablierte Teams wie Italien und Griechenland schlagen können“, so Stephanie Marx.

Die Teammitglieder feiern Klara Bleyer© privat

Die Teammitglieder feiern die dreifache Medaillengewinnerin Klara Bleyer

Mit 20 Jahren bereits in der Weltspitze angekommen

Vor allem Bleyer, die bei der WM in Doha (QAT) schon Fünfte gewesen war und dann kurz vor den Europameisterschaften beim Weltcup in Paris (FRA) als Zweite erstmals in der offenen Klasse auf dem Podium gestanden hatte, ist mit der gleich doppelten Bestätigung dieser Platzierung nun endgültig in der Weltspitze angekommen. In der Technischen Kür des Solowettbewerbs kam die 20-Jährige auf 242,9617 Punkte und ließ ihre Trainerin ins Schwärmen kommen. „So gut ist sie noch nie geschwommen, das war noch mal besser als bei der WM in Doha und beim Weltcup in Paris“, lobte Mukhamedova.

In der Freien Kür kam Bleyer dann auf 253,4772 Punkte – besser war in beiden Disziplinen einzig die Österreicherin Vasiliki Alexandri (260,5967 beziehungsweise 257,4959). „Ich bin sehr zufrieden mit meiner Leistung und dem Ergebnis“, sagte Bleyer. Ihre Choreografie hatte die Bochumerin zusammen mit der legendären Ona Carbonell (ESP) erarbeitet, einer der bekanntesten Synchronschwimmerinnen aller Zeiten. Auch dank ihrer Unterstützung war der Wert für den künstlerischen Ausdruck bei der Deutschen in beiden Disziplinen jeweils einer der höchsten der gesamten Konkurrenz.

Weitere gute Platzierungen für die deutschen Synchronschwimmer*innen – für die diese EM der Höhepunkt des Sommers war, bei Olympia ist der DSV in dieser Sportart nicht vertreten – erzielten Bleyer und ihre Vereinskollegin Susana Rovner im Duett sowie Frithjof Seidel im Solo der Männer jeweils als Sechste in der Freien Kür sowie das Mixed-Duett mit Solène Guisard und Robin Wiehn (SG Stadtwerke München) mit zweimal Rang sieben.

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