In der Seine reichte es diesmal nicht zum erhofften Gold, nun taucht der Schwimmstar wieder auf und spricht über die Enttäuschung von Paris, neue Ziele und treue Sponsoren.
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Kann du schon drüber reden, oder fängst du dann an zu weinen? Das war nicht ganz unerwartet eine der Fragen, die Florian Wellbrock bei der Talkshow des „Weser Kurier“ in Bremen von TV-Moderatorin Bärbel Schäfer gestellt bekam. Der Schwimmstar gab in der vergangenen Woche in der Heimatstadt seiner Eltern nämlich sein erstes großes Interview nach den olympischen Rennen von Paris.
Und der 27-Jährige machte einen sehr sympathischen und unterhaltsamen Auftritt daraus, der ganz nebenbei auch jeden Gedanken an ein mögliches Karriereende des Tokio-Olympiasiegers zerstreute. „Wir können sehr gern drüber reden. Und selbst wenn, machen wir trotzdem weiter“, lautete zum Beispiel seine Antwort auf die freche Eingangsfrage. Auch eine Erkenntnis des Abends: Wellbrock nahm sieben Kilo zu seit Paris.
Swim+More dokumentiert hier die zehn wichtigsten Aussagen aus Wellbrocks Interview
Wellbrock gönnte sich nach dem Freiwasserrennen in Paris sieben Wochen Pause, blieb auch wegen seines Hundes aber die ganze Zeit daheim in Deutschland und machte nur kurz Paddelurlaub im Spreewald. Erst am 01. Oktober fing er dann aber wieder mit dem Training an. „Der Hunger bleibt“, meinte er zur Tatsache, dass er in der Saisonpause diesmal gleich sieben Kilogramm Körpergewicht zulegte.
Andere aus seiner Magdeburger Trainingsgruppe ließen sich die Olympiaringe tätowieren, aber die hatte der Olympiasieger von Tokio 2021 ja schon. Daher ließ er sich diesmal auf dem rechten Oberarm einen Hai samt Silhouette stechen. Was er an Tattoos denn so toll findet, wurde Wellbrock gefragt. „Das fragt mich meine Mutti auch immer“, gab er zu. „Ich glaube, das liegt ein bisschen daran, dass wir mit viel nackter Haut im Schwimmbad unterwegs sind und die immer zeigen. Mit ein bisschen Farbe sieht es vielleicht ein bisschen interessanter aus. Aber ich weiß es nicht.“ Während der Wettkampfsaison würde er sich jedoch niemals tätowieren lassen. „Ich warte immer auf den Sommerurlaub, damit es richtig abheilen kann und nichts ins Chlorwasser kommt. Davon raten Tätowierer dringend ab. Das ist wie bei einer normalen Wunde: Die darf sich nicht entzünden und muss erst einmal abheilen.“
Wellbrock nahm sieben Kilo zu. Und braucht noch Zeit, alles zu verarbeiten
Wellbrock nahm im Urlaub sieben Kilo zu. Und hatte im Gegensatz zu den anderen drei deutschen Olympiaschwimmer*innen, die sich am Tag nach dem Olympiarennen in der Seine viele Male übergeben mussten, auch keine Nachwirkungen zu beklagen. „Wir waren drei Wochen vorher in Magdeburg mal in der Elbe unterwegs, und die Elbe fand ich unangenehmer als die Seine. Einige Sportler*innen wurden krank, das ist nicht okay und sollte nicht sein. Aber die Medien haben da mehr draus gemacht, als es für die Sportler war. Aber das ist deren Job, ich habe Verständnis dafür.“
“Die Elbe fand ich unangenehmer als die Seine.”
Einen Schuldigen sucht Wellbrock nicht explizit, nachdem sich die Erwartungen bei Olympia (Platz acht im Freiwasser war noch seine beste Platzierung) nicht erfüllten. „Am Ende des Tages bin vor allem ich selber für meine eigene Leistungen verantwortlich. Natürlich gebe ich viele an Steuerung und Verantwortung ans Trainerteam ab. Aber wenn wir etwas machen, mit dem ich nicht 100-prozentig konform bin, hebe ich auch die Hand“, sagte der Schwimmer. zusammen: „Fehler passieren überall, das ist ganz normal. Und manchmal funktioniert das System Mensch nun einmal nicht so, wie wir uns das wünschen.“ Der Prozess der Verarbeitung sei aber „noch nicht durch. Das ist ein Prozess. Ich war vor kurzem noch einmal in Paris zu einem Termin, habe die ganze Kulisse gesehen an der Seine, das schon noch mal emptional etwas mit einem. Das ist ein Prozess, das wird mit Sicherheit noch ein bisschen dauern. Aber wenn das nicht so an mir nagen würden, wäre das ja auch irgendwo ein Problem. Denn das ist ja etwas Wichtiges für mich.“ Später im Programm fiel noch der Satz: „Ich verliere meine Ehre ja nicht, wenn ich schlecht schwimme.“
Paris 2024: Alle DSV-Ergebnisse im Freiwasser
Disziplin | Name | Zeit | Platz |
---|---|---|---|
10km Marathon (w) | Leonie Beck | 2:06:13,40 | 9 |
10km Marathon (w) | Leonie Märtens | 2:15:57,30 | 22 |
10km Marathon (m) | Oliver Klemet | 1:50:54,80 | 2 |
10km Marathon (m) | Florian Wellbrock | 1:51:54,40 | 8 |
Er sagt, Ausdauersport ist auch im höheren Alter noch gut möglich
Gedanken an das richtige Alter für Aufhören müsse er sich mit 27 Jahren noch nicht machen, betonte Wellbrock. Und erklärte seiner Gastgeberin: „Das beste Alter ist so Anfang, Mitte 20. Aber im Ausdauersport können wir das so bis Anfang, spätestens Mitte 30 ziehen – wenn wir das wollen, und der Körper das mitmacht.“
Bei Thema Herausforderungen sprach Wellbrock über die Kontinuität, die ein Ausdauersportler nun einmal braucht im Alltag. „Es kommen bei mir – wie bei jedem anderen – die Tage, wo man morgens aufsteht, in den Spiegel guckt und merkt: Oh, ich habe heute keine Lust. Dann stehst du da und weißt aber, die Konkurrenz in Amerika, China und überall sonst auf der Welt hat aber Bock und geht ins Schwimmbad. Dann die Hintern hochzubekommen, ins Schwimmbad zu gehen und trotzdem Vollgas zu geben ist die größte Herausforderung in meinem Alltag“, sagte Wellbrock.
Nur wenn die Trainer unruhig werden, wird auch er nervös
Was ihn denn mal so richtig aus der Ruhe bringen kann, wurde Wellbrock gefragt. Die Antwort lautete: „Wenn ich merke, dass das Trainerteam nervös wird. Wenn da irgendetwas nicht passt, von der Organisation oder der Steuerung, was auch immer. Wenn die nervös werden, macht mich das auch unruhig.“ Weil er sich ja das ganze Jahr komplett auf die Steuerung und Planung verlasse.
Durch die medaillenlosen Spiele sind Wellbrock keine Sponsoren weggebrochen. „Bisher noch nicht, aber das wird sich in der Zukunft zeigen“, antwortete er auf eine entsprechende Frage. „Ich weiß, dass einige Sponsoren mich aufgrund des Menschen schätzen, der ich bin.“
Er kann verstehen, dass auch in flachen TV-Shows gut verdient wird
Zur Diskussion darüber, dass C-Promis im Trash-TV viel mehr Geld verdienen als Deutschlands Olympiateilnehmer*innen, sagte Wellbrock: „Was heißt ungerecht? Das ist ein Stück weit mediengemacht. Wenn RTL irgendwelche Shows macht mit Leuten, die am Strand schief singen, und das ein Millionenpublikum begeistert, dann können die natürlich die finanzielle Kraft dahinterstellen. Von uns rennt oder schwimmt aber keiner schneller, nur weil wir mehr Geld bekommen. Wir machen das aus Überzeugung, aus Leidenschaft. Jeder Profis außerhalb des Fußballs ist froh, wenn wir unsere Leidenschaft nachgehen und damit unser Geld verdienen können.“
Über die heutigen Probleme bei der Schwimmausbildung wurde auch geredet. Bärbel Schäfer wollte wissen, ob die Eltern da mehr gefordert seien, oder vielleicht auch die Schule. „In Sachsen-Anhalt ist nicht das Problem, dass nicht das Interesse bestünde, schwimmen zu wollen. Es ist vielmehr das Problem, dass in den Schwimmhallen kein Platz, dass Übungsleiter fehlen und wahnsinnig lange Wartelisten für die Schwimmkurse bestehen“, beschrieb Wellbrock seine Beobachtungen.
Paris 2024: Alle DSV-Ergebnisse im Schwimmen
Disziplin | Name | Zeit | Platz |
---|---|---|---|
100m Schmetterling (w) | Angelina Köhler | 56,42 | 4 |
400m Freistil (w) | Isabel Gose | 4:02,14 (DR) | 5 |
400m Freistil (w) | Leonie Märtens | 4:09,62 | 14 |
100m Brust (m) | Lucas Matzerath | 59,30 | 5 |
100m Brust (m) | Melvin Imoudu | 59,11 | 4 |
400m Freistil (m) | Lukas Märtens | 3:41,78 | 1 |
400m Freistil (m) | Oliver Klemet | 3:46,59 | 7 |
4x100m Freistil (m) | Salchow, Miroslaw, Armbruster, Varjasi | 3:12,29 (DR) + DR im Vorlauf 3:13,15) | 7 |
200m Freistil (m) | Rafael Miroslaw | 1:47,34 | 15 |
200m Freistil (m) | Lukas Märtens | 1:45,46 | 5 |
400m Lagen (m) | Cedric Büssing | 4:17,16 (DR im Vorlauf: 4:11,52 | 8 |
100m Brust (w) | Anna Elendt | 1:07,00 | 20 |
100m Rücken (m) | Ole Braunschweig | 53,95 | 18 |
100m Rücken (m) | Marek Ulrich | 54,63 | 29 |
200m Freistil (w) | Julia Mrozinski | 1:59,87 | 17 |
800m Freistil (m) | Sven Schwarz | 7:43,59 | 5 |
800m Freistil (m) | Florian Wellbrock | 7:47,91 | 12 |
100m Freistil (m) | Josha Salchow | 47,80 (DR) | 6 |
1500m Freistil (w) | Isabel Gose | 15:41,16 (DR) | 3 |
1500m Freistil (w) | Leonie Märtens | 16:12,57 | 8 |
4x200m Freistil (m) | Märtens, Miroslaw, Sorgius, Salchow | 7:09,56 | 8 |
200m Rücken (m) | Lukas Märtens | 1:55,97 | 8 |
50m Freistil (m) | Artem Selin | 22,54 | 38 |
4x200m Freistil (w) | Gose, Maier, Mrozinski, Schulze | 7:55,57 | 10 |
100m Schmetterling (m) | Kai Liiam Winkler | 52,64 | 28 |
800m Freistil (w) | Isabel Gose | 8:17,82 | 5 |
4x100m Lagen (mixed) | Braunschweig, Imoudu, Köhler, Holt | 3:44,75 | 9 |
1500m Freistil (m) | Florian Wellbrock | 15:01,88 | 14 |
1500m Freistil (m) | Sven Schwarz | 14:51,97 | 10 |
4x100m Lagen (m) | Braunschweig, Imoudu, Armbruster, Salchow | 3:32,46 | 7 |
4x100m Lagen (w) | Riedemann, Elendt, Köhler, Holt | 3:58,12 | 9 |