Das DOSB beschließt ein Zehn-Punkte-Programm zur Stärkung des deutschen Sports und fordert eine Staatsministerin. Zudem etabliert der Dachverband den Safe Sport Code als Maßnahme gegen interpersonale Gewalt. Wo David Profit noch Änderungsbedarf sieht, erfahren Sie hier.
Mit einem Zehn-Punkte-Programm haben die Mitglieder des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) den Bundestagswahlkampf aus sportpolitischer Sicht eingeläutet. Auf der 21. Mitgliederversammlung im Sportcampus Saar in Saarbrücken beschlossen die offiziell stimmberechtigten 500 Delegierten einstimmig einen Dringlichkeitsantrag für zehn gleichwertige zentrale Forderungen an die politischen Entscheidungsträger*innen für die Neuwahl des Deutschen Bundestages im Februar 2025 und die darauffolgenden Koalitionsverhandlungen, um die Zukunft des deutschen Sports nachhaltig zu entwickeln.
“Bei aller Wertschätzung für Nancy Faesers Arbeit brauchen wir eine Person, die sich am Kabinettstisch exklusiv für die Belange des Sports einsetzen kann.“
In Anwesenheit von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (54/SPD) stellte DOSB-Präsident Thomas Weikert (63/Hadamar) in seiner Halbzeitbilanz – 2026 muss er sich zur Wiederwahl stellen – die Implementierung einer Staatsministerin oder eines Staatsministers für Sport im Bundeskanzleramt in den Mittelpunkt. „Bei aller Wertschätzung für Nancy Faesers Arbeit brauchen wir eine Person, die sich am Kabinettstisch exklusiv für die Belange des Sports einsetzen kann“, sagte er in seiner Rede. Auch die Auflage eines Investitionsprogramms für Ausbau, Modernisierung und Dekarbonisierung von Sportstätten in Höhe von mindestens einer Milliarde Euro im Jahr („Bundesmilliarde“) sowie ein Paket zur Stärkung und Entlastung des ehrenamtlichen Engagements finden sich in den Forderungen.
>> Das komplette Zehn-Punkte-Programm des DOSB
Safe Sport Code als Meilenstein
Im Kampf gegen interpersonale Gewalt im Zuständigkeitsbereich ihrer Organisation haben die Mitglieder des DOSB einen Meilenstein gesetzt. Dank des einstimmig bei zwei Enthaltungen getroffenen Beschlusses der Einführung des DOSB Safe Sport Code (SSC) mit den DOSB-Verhaltensregeln Safe Sport als Regelwerk können nun auch Fälle von interpersonaler Gewalt unterhalb der Schwelle strafrechtlich relevanten Verhaltens untersucht und sanktioniert werden. Diese Grundlage gab es im Sport bisher nicht. „Sport muss sicher sein. Darauf müssen alle, die Sport im Verein treiben, vertrauen können“, sagte Präsident Weikert. Innenministerin Faeser unterstrich die bedingungslose Unterstützung der Bundesregierung für das Vorhaben.
„Ich denke schon, dass es gut ist und dass es auch in die Zeit passt – dass auch mehr in der Mitgliederversammlung diskutiert wird.“
Da der Beschluss nicht automatisch für alle Mitgliedsverbände und -vereine des DOSB gilt, wurden diese verpflichtet, ihren Mitgliederversammlungen die Einführung eines individuellen Codes bis spätestens Ende 2028 zur Abstimmung vorzulegen. Der Deutsche Schwimm-Verband hatte noch Änderungsvorschläge für den Code vorgebracht, die wurden so kurzfristig aber nicht mehr berücksichtigt. Man sei aber gehört und respektiert worden, die Vorschläge werden nun evaluiert und werden ggf. später dann eingearbeitet, sagte DSV-Präsident David Profit im Interview mit dem Deutschlandfunk. Für die Zukunft wünscht er sich mit Offenheit für Diskussionen, nicht nur in der Vorgesprächen. „Ich denke schon, dass es gut ist und dass es auch in die Zeit passt – dass auch mehr in der Mitgliederversammlung diskutiert wird.“
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Zum Interview mit David Profit im Deutschlandfunk
Wichtiger Schritt für Bewerbung um Olympische und Paralympische Spiele
Eine Bewerbung Deutschlands um die Ausrichtung Olympischer und Paralympischer Sommerspiele ist um einen weiteren Schritt wahrscheinlicher geworden. Die Mitglieder beauftragten den DOSB einstimmig, beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) den „Continuous Dialogue“ zu beantragen und damit das Interesse an der Ausrichtung der Spiele für den Zeitraum 2036 bis 2044 zu bekräftigen. Der Continuous Dialogue ist die zweite Stufe des reformierten Bewerbungsprozesses des IOC, der DOSB gilt damit offiziell als interessierte Partei an der Ausrichtung der Spiele.
„Wir sind bereits weiter, als wir es in früheren Jahren waren. Die Finanzierung der Bewerbung steht. Unsere Absicht, Olympische und Paralympische Spiele so bald wie möglich in Deutschland austragen zu können, ist eindeutig. Lassen Sie uns die Spiele gemeinsam nach Deutschland holen“, sagte DOSB-Präsident Weikert. Dafür brauche es eine parteiübergreifende politische Rückendeckung und ein überzeugendes Bekenntnis zur Autonomie des Sports, die das IOC von allen Kandidaten einfordert.
Emotionale Plädoyers von Nancy Faeser und Laura Ludwig
Bundesinnenministerin Nancy Faeser lieferte dieses Bekenntnis, als sie in ihrem Grußwort sagte: „Der Bund hat sich in einmaliger Eindeutigkeit hinter den Bewerbungsprozess gestellt. Ein komplettes Bundeskabinett hat erstmals einstimmig beschlossen. Das ist ein Novum, dass ein Bundeskabinett diese Bewerbung gemeinsam verabschiedet hat. Es war zugleich, und das betone ich an dieser Stelle besonders, ein Bekenntnis zu den Autonomiemaximen des IOCs und des internationalen Sports. Die Autonomie des Sports ist für Deutschland selbstverständlich und war auch immer gelebte Praxis.“ Weiterhin sagte die Bundesinnenministerin: „Wir wollen gemeinsam die Olympischen und Paralympischen Spiele nach Deutschland holen. Sie sind eine große Chance. Lassen Sie uns diese Chance nutzen.“
In einem persönlichen Impuls an die Delegierten der Mitgliederversammlung unterstrich Laura Ludwig (38/Hamburg), Beachvolleyball-Olympiasiegerin von 2016, die Bedeutung einer Olympiabewerbung für den Sport in Deutschland. „Olympische Spiele sind nicht nur Wettkampf, sondern Symbol für Frieden und Zusammenhalt. Ich wünsche mir Spiele in Deutschland so sehr für die kommenden Generationen. So ein Projekt kann uns zusammenführen und Berge versetzen. Sport inspiriert, stärkt, verbindet. Lasst uns als Gastgeberland Vorbild sein“, sagte die Mutter zweier Söhne, die ihre Karriere in diesem Jahr beendet hatte. In Sachen Olympia-Bewerbung wünscht sich DSV-Chef Profit mehr Initiative seitens des DOSB. „Da wäre mehr Schwung schöner“, so Profit im Deutschlandfunk. Der Bewerbungsprozess laufe bislang zu bürokratisch. Entscheidend findet er es, die Bevölkerung mitzunehmen. Dafür müssten die Athlet*innen mehr zu Wort kommen.
Martin Engelhardt als Vizepräsident gewählt
Gewählt wurde in Saarbrücken auch. Nachdem Oliver Stegemann im Juni dieses Jahres von seinem Amt als Vizepräsident zurückgetreten war, übernimmt nun Professor Martin Engelhardt den Posten. Der 64-Jährige aus Hanau, hauptberuflich Chefarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie am Klinikum Osnabrück, ist seit 2001 in zweiter Amtszeit Präsident der Deutschen Triathlon-Union. Er erhielt im zweiten Wahlgang 236 Stimmen (51,0 Prozent) und setzte sich damit gegen seinen Konkurrenten Jörg Ammon (54/Nürnberg/227/49,0) durch. Die weiteren Kandidaten Marcus Hauss, Michael John und Jörn-Torsten Verleger waren im ersten Wahlgang ausgeschieden.
Als Präsidiumsmitglied bestätigt wurde der am 26. Oktober 2024 von der Vollversammlung der Deutschen Sportjugend (dsj) gewählte Vorsitzende Stefan Raid (54/Hamburg). Zudem ist Gudrun Doll-Tepper (77/Berlin) neues Ehrenmitglied des DOSB. Die langjährige Vizepräsidentin war im Dezember 2021 nach mehr als 15-jähriger Tätigkeit als letztes Mitglied aus dem ersten DOSB-Präsidium von 2006 ausgeschieden. Die DOSB-Ehrenmedaille für besondere Verdienste erhielt der frühere hessische Innen- und Sportminister Peter Beuth (57/CDU). Nach der Abberufung des bisherigen Vorstandsvorsitzenden Torsten Burmester (61/SPD/Köln) und der Berufung von Volker Bouffier (CDU) in den Vorstand führte Michaela Röhrbein (50/Düsseldorf), Vorständin Sportentwicklung im DOSB, durch die Versammlung.