Aus Erfahrung gut, das gilt auch beim High Diving. Das beweist der sechste Rang bei den Weltmeisterschaften in Doha.
Dass beim High Diving immer auch die Angst mitspringt, kann man sich angesichts von Sprunghöhen von 20 Metern bei den Frauen beziehungsweise sogar 27 Metern bei den Männern gut vorstellen. Anna Bader hatte vor ihrem Auftritt bei den Weltmeisterschaften in Doha (QAT) aber nicht nur Sorge davor, ihre Sprünge sauber und verletzungsfrei ins Wasser zu bringen. „Meine Angst war auch: Was denken die Leute? Ich bin Mutter, ich bin vergleichsweise alt“, sagte die 40-Jährige, die zum vierten Mal bei Welttitelkämpfen dabei war und 2013 bei der WM-Premiere dieser Sportart schon einmal Bronze geholt hatte. Tatsächlich wurde sie in Katar gefragt, ob dies denn nun ihre letzten Titelkämpfe gewesen seien. Bader, inzwischen Mutter von zwei Kindern, lachte kurz auf. Dann meinte sie: „Ich weiß es nicht, es läuft ja gerade so gut. Ich muss das gerade erst mal sacken lassen und dann schauen, was ich mache.“ Eine Teilnahme auch bei der kommenden WM 2025 in Singapur (SGP) schloss sie zumindest nicht aus.
Und warum auch? Mit Platz sechs mit 291,80 Punkten zeigte die Springerin vom SV Halle einmal mehr eine hervorragende Leistung. „Für mich war es ein fantastischer Wettkampf. Vor mir ist nur die Elite. Die Top Ten hätte ich mir in meinen wildesten Träumen nicht ausgemalt“, jubelte sie. Mit all ihrer Erfahrung brachte sie auch den abschließenden Handstandsprung sauber ins Becken am alten Hafen von Doha – und das, obwohl sie diesen Sprung zum ersten Mal seit anderthalb Jahren, also seit der EM 2022 in Rom (ITA), wieder versuchte. „Ich bin einfach unglaublich glücklich und freue mich, dass ich mich und auch Deutschland hier so gut präsentieren konnte“, freute sie sich anschließend.
Gold ging zum vierten Mal hintereinander an Rhiannan Iffland aus Australien (342,00), die mit einem grandiosen letzten Versuch noch an der bis dahin Führenden Molly Carlson (CAN/320,70) vorbeizog. Die Bronzemedaille sicherte sich mit Jessica Macaulay (320,35) eine weitere Kanadierin. Das Podium war damit exakt das gleiche wie im vergangenen Jahr bei der WM in Fukuoka (JPN).
Anna Bader ist auch mit 40 immer noch Weltspitze, Maike Halbisch eine Hoffnung für die Zukunft
Die zweite Deutsche Maike Halbisch (VfL Waiblingen) – mit 18 Jahren die Jüngste im Feld und eigentlich mitten im Abiturstress – sprang bei ihrem WM-Debüt mit 196,35 auf Platz 15. „Ich bin rundum zufrieden mit Maike, das hat sie toll gemacht bei ihrem ersten großen Wettkampf“, lobte der betreuende Trainer Wolf-Dieter Schmidt. Sie selbst sagte: „Der Wettkampf war supercool, so eine Kulisse hat man nicht überall. Es hat sehr viel Spaß gemacht, hier springen zu dürfen. Das war ein guter Einstand und gibt mir ganz viel Motivation für das, was noch kommt.“
WM 2024 in Doha: Alle DSV-Ergebnisse im High Diving
20m | Anna Bader | 6 | 291,80 |
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20m | Maike Halbisch | 15 | 196,35 |
20m | Iris Schmidbauer | DNF | - |
27m | Manuel Halbisch | 22 | 218,30 |
27m | Tim Thesing | DNF | - |
Bei den Halbischs ist High Diving übrigens Familiensache, denn auch Maikes Bruder Manuel Halbisch war wieder mit von der Partie. Die beiden Springer*innen vom VfL Waiblingen waren bei dieser WM das einzige Geschwisterpaar im High Diving. „Dass Manuel dabei war, hat mir durch den Wettkampf geholfen, einfach mit seiner Anwesenheit. Ich fühle mich gut, wenn er dabei ist, und höre auf seine Worte“, sagte die jüngere der beiden, die es sich dann natürlich nicht nehmen ließ, auch die Sprünge ihres Bruders auf der Tribüne am Old Doha Port live mitzuerleben.
High Diving als Familienangelegenheit
Mit insgesamt 218,30 Punkten kam der 26-Jährige bei seiner zweiten WM-Teilnahme auf Platz 22. „Es hätte besser sein können, keine Frage. Ich habe noch mal mit einem guten Sprung aufgehört, Der beste Sprung zum Schluss war auch der schwierigste. Die anderen Sprünge an sich waren in der Luft gut. Ich habe es dann nur nicht geschafft, unten ganz gerade reinzukommen. Dann hat es halt einen großen Splash, also viele Spritzer gegeben. Das gibt natürlich Punktabzug. Deswegen lief es nicht ganz so, wie ich es mir erhofft hatte. Aber es war trotzdem alles ganz solide“, meinte Manuel Halbisch.
Vor allem wenn man bedenkt, dass er mangels High-Diving-Anlagen hierzulande zuletzt vor mehr als einem halben Jahr aus 27 Metern gesprungen war. „Der Winter ist eigentlich die Off-Season, wo man in der Halle trainiert. Aber die Wettkämpfe sind meistens im Sommer. Es gibt aktuell weltweit zwei fixe Türme, wo man ganzjährig trainieren kann. Einen in China, einen in den USA. Alles ein bisschen weit weg für uns. Eine solche Trainingsanlage bei uns in Deutschland zu haben wäre natürlich toll, und da würden sicher auch viele Leute aus anderen Ländern kommen. Aber mir ist klar, dass es nicht so einfach ist, irgendwo so einen Turm hinzustellen.“
Insgesamt waren sogar fünf deutsche Springer*innen am Start – so viele wie noch nie. Zwei von ihnen – Europameisterin Iris Schmidbauer (Dresdner SC 1898) und Debütant Tim Thesing (TPSK Köln) – konnten den Wettkampf allerdings verletzungsbedingt nicht beenden. Die Goldmedaille bei den Männern gewann Aidan Heslop (GBR/422,95) dank eines grandiosen letzten Sprungs, in dem er für seinen vierfachen Salto vorwärts mit dreieinhalb Schrauben allein über 150 Punkte erhielt, Mit einem Schwierigkeitsgrad von 6,2 ist das der schwerste Sprung, den es im High Diving gibt. Mit ihm konnte sich Heslop noch am bis dahin Führenden Gary Hunt (FRA/413,25) vorbeischieben. Bronze ging an Catalin-Petru Preda (ROU/410,20), sein Landsmann und Titelverteidiger Constantin Popovici (ROU/340,50) wurde diesmal nur Achter.