Noch 1 Jahr bis Tokio: Was Wellbrock, Hausding und Co. dieser Tage statt Olympia erleben

Katharina Ritchie
Katharina Ritchie
15:33

Der Countdown läuft! Genau heute ist es noch 1 Jahr bis Tokio und bis zu den Olympischen Spielen. Um diese Zeit wäre das DSV-Team normalerweise schon in Tokio und würde sich auf die anstehenden Wettkämpfe vorbereiten. Wir haben nachgefragt, wie sie den Sommer 2020 stattdessen verbringen.

Umzug und Urlaub für Wellbrock

Rund 15.000 Plätze bietet das Aquatics Centre von Tokio, in dem nagelneuen Prachtbau hätten am kommenden Samstag die Wettbewerbe im Beckenschwimmen bei den Olympischen Spielen in Tokio beginnen sollen. Florian Wellbrock muss wie alle anderen nun aber noch ein Jahr auf seinen großen Auftritt dort warten, die Coronavirus-Pandemie erzwang bekanntlich die Olympia-Verschiebung auf 2021 (23. Juli – 08. August). Stattdessen absolviert der Doppel-Weltmeister von 2019 an diesem Samstag noch einen kleinen Vereinswettkampf, die 800 Plätze der Magdeburger Elbeschwimmhalle bleiben dabei natürlich leer.

Die Motivation hat durch die äußeren Umstände und die unerwartet lange Zeit ohne Wettkämpfe durch die Pandemie bei Wellbrock aber keinesfalls gelitten.

„Ich habe durch die Olympia-Verschiebung einfach noch mehr Zeit, an mir zu arbeiten und bin ja im nächsten Jahr mit 23 oder fast 24 Jahren dann ja im besten Schwimmer-Alter“, sagt Wellbock voller Optimismus.

Statt olympischem Wettkampfstress stehen nach dem offiziellen Saisonabschluss am Samstag zwei Wochen aktive Erholung an, geplant sind in dieser Zeit auch Besuche bei seiner Familie und der seiner Freundin Sarah Köhler. Sport ist aus privaten Gründen im Urlaub diesmal ausdrücklich nicht geplant: „Ich bin gerade umgezogen, da liegt sehr viel Arbeit an in der neuen Wohnung.“

Anschließend erfolgt der Trainingsstart in die neue olympische Saison, viel verändern wird sich für Wellbrock dabei erst einmal nicht: „Wir haben 2020 gute Fortschritte machen können, die es nun noch weiter auszubauen gilt. Man muss gesund und verletzungsfrei durchkommen – ich denke, das ist für uns alle gerade das Wichtigste“, sagt Wellbrock.

Mit seinen Konkurrenten aus Italien, Norwegen und der Ukrainer steht Wellbrock übrigens regelmäßig in Kontakt. „Daher weiß ich, dass sie etwas härter betroffen waren von den Corona-Einschränkungen als wir in Deutschland. Inzwischen arbeiten die Jungs aber wieder hart und deswegen gilt es auch für mich, keine Zeit zu verlieren.“

Mehr Wirkungszeit für Leistungsentwicklung bei Gose

Für Schwimm-Kollegin Isabel Gose steht statt einer Reise nach Japan dieser Tage Mecklenburg-Vorpommern auf dem Programm. Sie wird demnächst mit ihrer Familie im Ferienhaus in Plau am See ausspannen, bevor sie in die neue Saison startet. „Vielleicht drehe ich ja mal ein paar Runden im See“, verrät die 18-Jährige. Denn natürlich behält sie Olympia auch im Urlaub immer im Kopf. Die Verschiebung um 12 Monate ist längst abgehakt, positives Denken angesagt.

„Ich bin noch jung und so ein Jahr länger kann für mich auch ein Vorteil sein“, sagt Isabel Gose.

Nach dem Umzug von Heidelberg nach Magdeburg im April (dort wohnt ihre Familie in der Nähe) bleibt ihr und ihren Trainern Bernd Berkhahn und Norbert Warnatzsch so nämlich noch mehr Wirkungszeit für eine Leistungsentwicklung. Dem EM-Silber auf der Kurzbahn im Dezember 2019 sollen jedenfalls noch weitere Meriten folgen.

© Jo Kleindl

Hausding studiert dreieinhalbfachen Salto rückwärts ein

Für Wasserspringer Patrick Hausding steht statt der vierten Olympia-Teilnahme derzeit plötzlich Prüfungsstress an. Sein Studium für Lehramt (Englisch und Sport) steckt online im Endspurt. „Weil wir in den letzten Monaten nicht unterwegs waren, konnte ich hier Dinge aufholen, die ich sonst nicht geschafft hätte“, erzählt der 31-Jährige. Trotzdem behält Hausding natürlich auch den krönenden Abschluss seiner Karriere im Blick, „auch wenn ich ich durch die Olympia-Verschiebung ein weiteres Jahr über meinem Zenit hinausschreite“. So nutzte der Berliner die zusätzliche Zeit, um mit dem dreieinhalbfachen Salto rückwärts vom 3m-Brett einen neuen Sprung einzustudieren. „Das ist ungewöhnlich in dem Alter, aber solche Dinge motivieren mich eben auch, weiter meine Höchstleistung zu bringen“, sagt Hausding.

„Noch ist meine Ausführung dabei nicht wettkampftauglich, aber wenn ich es hinbekomme, steigt der Schwierigkeitsgrad meines Programms noch einmal um sechs Zehntel, das wäre eine ganze Menge.“

Eine dritte Olympia-Medaille wäre damit vielleicht möglich. Bevor die Vorbereitung auf Tokio beginnt, steht Anfang August noch eine zweiwöchige Saisonpause an, die Hausding mit seiner Freundin in Kroatien bei deren Familie verbringt.

Pausen für den Kopf sind wichtig

Wasserballer Marko Stamm ist derweil ganz froh, dass in diesen Tagen noch kein Mannschaftstraining angesetzt ist, erst im August geht es damit wieder los. Er hält sich wie seine Teamkollegen gerade vor allem individuell im Kraftraum fit, auch ist nach dem Umzug in eine neue Wohnung zuhause immer wieder mal noch etwas körperlich zu tun. Zudem ist der Nationalspieler ja nebenher auch Trainer der Spandauer Frauen-Bundesliga-Mannschaft und auch dort immer wieder im Einsatz. Trotzdem betont Stamm:

„Es ist wichtig, auch mal eine Pause für den Kopf zu haben.“

© Jo Kleindl
Er wisse von anderen Teams wie Italien oder Montenegro, die bis vor Kurzem noch lange gemeinsame Trainingslager absolvierten, dass es den Spielern dort immer schwerer fiel, die Motivation hochzuhalten. „Wir konnten dagegen mal ausblenden, dass es noch so lange dauert bis Olympia und dem Qualifikationsturnier im Februar“, sagt Stamm. Es sei noch genug Zeit, neue Ziele zu entwickeln und sich als Mannschaft zusammenzuraufen. „Ich bin mir sicher, dass wir alles noch einmal hinbekommen und auf den Punkt topfit sind, der größte Unterschied wird letztlich nur das Datum sein“, meint Marko Stamm.