Der Leistungssportdirektor spricht über die Auswirkungen der Leistungssportreform, knapper werdende Budgets für Trainingslager und Medaillenziele bis 2028. Welche Neuerungen stehen bevor, und wie beeinflussen sie den deutschen Schwimmsport? Lest hier die Einschätzungen des Verantwortlichen.
![Christian Hansmann](https://germanaquatics.de/wp-content/uploads/2025/01/459916033-1024x707.jpg)
Schwimmen: Deutsche Meisterschaft, Entscheidung: Christian Hansmann, Direktor Leistungssport Deutscher Schwimm Verband DSV.
Nach zwei Jahren als Sportdirektor rückte Christian Hansmann zum 01. Januar 2025 in den hauptamtlichen Vorstand des Deutschen Schwimm-Verbandes e.V. (DSV). Im Interview spricht der 47-Jährige über die neue Position an der Seite von Jan Pommer und Michael Mahler sowie die sportlichen Herausforderungen im neuen Jahr.
Was genau ändert sich in der neuen Konstellation?
Christian Hansmann: Die Aufgabenschwerpunkte und Aufgabenfülle bleiben bei mir sehr ähnlich, die Verantwortung nimmt aber eher noch zu. Zum Beispiel im Personalbereich: So wechseln zehn Bundesstützpunkttrainer*innen Nachwuchs (ehemals OSP-Trainer*innen, Anm. d. Red.) von den Bundesländern zu uns als Spitzenverband. Damit stehen im bundesgeförderten Leistungssportpersonal inzwischen mehr als 60 Mitarbeiter*innen in meiner Personalverantwortung. Die beiden neuen Vorstandskollegen und ich haben uns aber bereits gut einarbeiten können in den vergangenen Wochen.
Christian Hansmann erwartet Konzentration bei den Bundesstützpunkten
Weitergehende Auswirkungen der angekündigten Leistungssportreform stehen aber längst noch nicht fest. Was erwarten Sie da?
Durch den Regierungswechsel pausiert der Prozess der Leistungssportreform gerade mindestens bis zu den Neuwahlen am 23. Februar. Als entscheidende Grundlage der Neuausrichtung muss dann erst ein Sportfördergesetz verabschiedet werden, darauf aufbauend soll dann eine Sportagentur zur Steuerung des Leistungssports in Deutschland entstehen in Form einer Stiftung. Bis das alles durchexerziert und mit allem Personal besetzt ist, wird es noch etwas dauern. Nach meiner Einschätzung kommen vielleicht Ende 2026 die ersten Auswirkungen in dem Sinne, dass sich die Leistungssportagentur mit dem Bundesstützpunktsystem beschäftigt.
>> Alle Schwimm-Termine für 2025 auf einen Blick
Das wird dann sicher gravierende Auswirkungen haben auf alle Sportverbände, auch auf uns. Die Zeichen gehen dahin, dass die Leistungssportagentur vor allem potenzialorientiert fördern will, da steht auch ein starker Konzentrationsgedanke dahinter. Es könnten künftig also eher weniger Bundesstützpunkte werden als mehr. Dazu müssen wir uns rechtzeitig Gedanken machen und eine zielführende Strategie entwickeln.
40 Prozent weniger Geld für die Wasserballer vom BMI
Im Dezember wurden der Abschlussbericht des Potenzialanalysesystems (PotAS) für die Sommersportarten veröffentlicht, bald darauf verschickte das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) die darauf basierenden Förderbescheide. Wie ist beides für den DSV zu bewerten?
Die PotAS-Analysen von 2021 und 2024 sind nicht durchgehend miteinander vergleichbar, weil zum Teil andere Berechnungsmethoden dahinterstehen. Wir sehen aber trotzdem, dass wir uns bei den Strukturelementen als Verband stark verbessert haben. Allerdings bekamen wir in einzelnen Sportarten bei Kaderpotenzial und Erfolg diesmal weniger Punkte, so dass es künftig weniger Geld vom Bund gibt als bisher.
Für das Freiwasser- und das Synchronschwimmen steht zwar ein kleines Plus, ansonsten aber überall ein Minus – beim Wasserball sogar um fast 40 Prozent, nachdem dort zuletzt größere Erfolge ausblieben. Beim Schwimmen ist der Einschnitt schwer erklärbar. Denn dort haben wir zuletzt bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen auch auf den Kurz- und Mittelstrecken den Anschluss an die Weltspitze wiederhergestellt. Das Projekt dafür wurde erfolgreich auf den Weg gebracht. Doch nun wird hier gekürzt. Wir müssen uns nun also hinsetzen und Einsparungen vornehmen. Auch sind die Qualifikationszeiten für die WM 2025 in Singapur diesmal wieder strenger als der A-Cut des Weltverbandes ausgefallen, weil wir auch die Kosten bei so einer teuren Reise ins Verhältnis setzen müssen. Auch das JEM-Team wird sicher kleiner sein müssen als zuletzt. Und in der zweiten Jahreshälfte werden wir den Gürtel dann vermutlich noch enger schnallen müssen.
Die Ziele für 2028 rücken in weite Ferne
Das durchzusetzen wird bestimmt nicht lustig, oder?
Natürlich nicht, gehört aber zu meinen Aufgaben. Im Becken müssen wir nun ein Sechstel einsparen. Und das, nachdem wir für den Kurz- und Mittelstreckenbereich gerade alles neu initialisiert und durchgeplant haben bis 2028. Das ist natürlich ein großes Problem, weil nun nicht alles so umzusetzen ist, wie es geplant war. Das ist in dieser Phase des Aufschwungs ein besonders herber Schlag ins Kontor, der die vereinbarten Medaillenziele für LA 2028 in weite Ferne rücken lässt.
Neue Zwänge gibt es auch bei den Förderkadern. Bei einem Studium in den USA wird eine Aufnahme hier neuerdings nicht mehr gewährt. Warum?
Wir haben einen Überhang bei den Normerfüllungen. Da priorisiere ich bei Vergabe der Bundesmittel doch lieber jene Aktive, die potenzialreich sind und in unserem System arbeiten, weil wir hier vollen Einfluss haben. Wir respektieren natürlich, wenn jemand den Weg in die USA wählt. Aber die meisten von denen kriegen dort ja auch ein Stipendium als Unterstützung, wenn sie für ihre Unis schwimmen. Eine vorübergehende Aufnahme in den Kader wird für US-Student*innen aber möglich, wenn sie sich für den internationalen Zielwettkampf qualifizieren.
![Christian Hansmann vor der La Défense Arena](https://germanaquatics.de/wp-content/uploads/2025/01/Christian-Hansmann-in-Paris-1024x576.jpeg)
Als DSV-Sportdirektor konnte sich Christian Hansmann über viele DSV-Erfolge in der La Défense Arena freuen
Nach Wittkys Ernennung zum Bundestrainer werden weitere Stellen neu besetzt
Und wie sieht es beim Personal aus?
Auch hier gibt es Neuerungen. Mit dem Jahreswechsel ist Stephan Wittky nun der Bundestrainer Kurz- und Mittelstrecken. Für das Freiwasser werden wir auch die Stelle des Nachwuchs-Bundestrainers bald neu besetzen und im Bereich Bildung und Wissenschaft werden wir ebenfalls personell investieren.
Und wie sieht es mit einem Chef-Bundestrainer aus, der immer wieder mal im Gespräch war?
Auch hier werden wir demnächst noch einmal eine Stelle neu ausschreiben, weil wir auch im administrativen Bereich unbedingt aufrüsten möchten. Zuletzt habe ich Gespräche mit namhaften Fachleuten aus Australien und Südafrika geführt. Aber ich musste dabei feststellen, dass es keinen Zweck hat, weiter im Ausland zu suchen. Die Gehaltsvorstellungen dort sind so immens, dass wir da einfach nicht mithalten können.